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Innovative Technologien für die digitale Welt von morgen
Neue Erkenntnisse an PETRA IV können genutzt werden, um gezielt neue Materialien maßzuschneidern – beispielsweise für Chips und ultraschnelle Prozessoren. Ein experimenteller Durchbruch wird in der Forschung zu Hochtemperatur-Supraleitern erwartet: Der ultrascharfe Röntgenstrahl macht erstmals die lokale elektronische Struktur der Materialien auf der Nanoskala sichtbar.
Speicher der Zukunft
Quantenmaterialien für die digitale Revolution
Die Digitalisierung führt zu einem gigantischen Bedarf an Geräten und Netzwerken. Gleichzeitig stoßen bisherige Miniaturisierungskonzepte der Informationstechnologie an ihre Grenzen. Es müssen innovative Ansätze für Bauelemente und Architekturkonzepte gefunden und neue physikalische Effekte genutzt werden, um die Rechenleistung, Datenspeicherdichten und Datenübertragungsraten zu erhöhen und gleichzeitig den Bedarf an elektrischer Energie deutlich zu reduzieren. Eine wichtige Zielsetzung von PETRA IV ist, geeignete Materialien mit neuen Funktionalitäten zu erschließen.
»Mit innovativen Analysemethoden bei PETRA IV können in der Spintronik neue Wege beschritten werden, um ‚Big Data‘ effizienter zu verarbeiten. «
Von verlustfreier Stromversorgung zu Quantencomputern: Supraleitung bei Zimmertemperatur
Eine epochale Wende versprechen sich Forschende zum Beispiel von Materialien, die Strom bei Zimmertemperatur verlustfrei leiten. Solch extreme Hochtemperatur-Supraleiter würden eine technologische Revolution bedeuten: Die möglichen Anwendungen reichen von verlustfreiem Stromtransport für eine nachhaltige Energieversorgung bis zu hochempfindlichen Sensoren, extrem schnellen Schaltern für die Datenverarbeitung oder völlig neuen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung in Quantencomputern. Supraleiter sind Materialien, die Elektronen ohne jeden Widerstand leiten. Möglich machen das spezielle Elektronenzustände im Kristallgitter dieser Materialien. Das Problem: Bei konventionellen Supraleitern ist diese verlustfreie Leitung erst bei Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt möglich. Sie müssen mit flüssigem Helium auf Temperaturen weit unter -200 Grad Celsius gekühlt werden, um ihre supraleitende Funktionalität zu zeigen. Dies ist mit hohem Aufwand und hohen Kosten verbunden. Forschungsgruppen auf der ganzen Welt suchen daher nach Materialien, die bereits bei Zimmertemperatur supraleitend werden.
Dazu zählen etwa spezielle kupfer- oder eisenhaltige Verbindungen. Den aktuellen Wärmerekord supraleitender Materialien hat eine internationale Forschungsgruppe im Jahr 2019 für metallisches Lanthanhydrid bei erstaunlichen -23 Grad Celsius aufgestellt – ein Rekord, aber immer noch nicht alltagstauglich. Die Forschenden mussten dafür einen fast 200 Millionen Mal höheren Druck als den uns umgebenden Luftdruck künstlich erzeugen.
Funktionale Materialien maßschneidern
Trotz intensiver Forschung war es bisher vor allem Zufall, wenn Fachleute auf neue Hochtemperatur-Supraleiter gestoßen sind. Denn der Zusammenhang zwischen dieser exotischen Eigenschaft und der chemischen Struktur dieser Materialien ist noch unklar. Expertinnen und Experten wissen nicht, warum einige Verbindungen unter bestimmten Bedingungen supraleitend werden und andere nicht. Heutige Experimente können bei den Untersuchungen nur begrenzt helfen: Bereits die Analyse eines einzelnen Materials bedeutet enormen Aufwand und kann lokale Phänomene nur bis auf etwa einen Mikrometer unterscheiden.
Die zukünftigen Messmöglichkeiten mit PETRA IV lassen einen entscheidenden Fortschritt erwarten: Sie machen erstmals die lokale elektronische Struktur in Hochtemperatur- Supra leitern auf der Nanoskala sichtbar – und könnten so aufdecken, wie ein Material beschaffen sein muss, damit die kritische Temperatur für Supra leitung sich der Null-Grad-Marke oder gar Zimmer temperatur annähert. Gelingt dies, so ließen sich gezielt neue Hochtemperatur Supraleiter für die breite Anwendung entwickeln.
- Mit PETRA IV werden Unterschiede in der elektronischen Struktur von Materialien auf lokaler, atomarer Ebene direkt sichtbar, quantifizierbar und letztendlich kontrollierbar.
- PETRA IV verschiebt die Grenzen heutiger spektroskopischer Verfahren. Abläufe in funktionalen Materialien können live beobachtet werden.
- Die Kombination aus hoher Energieauflösung und hoher räumlicher Auflösung von PETRA IV hat das Potenzial, das Verständnis funktionaler Materialien, deren makroskopische Eigenschaften auf Quantenzuständen beruhen, zu revolutionieren.