Den Lebensraum Erde und seine Ressourcen erhalten und nutzen

Wasser zeigt Merkmale wie keine andere Flüssigkeit. Diese Anomalien machen Leben auf der Erde möglich und sind wichtig für technische Anwendungen. Noch sucht die Forschung nach Erklärungen, um das einzigartige Verhalten von Wasser zu verstehen. Einer Theorie zufolge besteht es in seiner flüssigen Form aus zwei strukturell und dynamisch verschiedenen Komponenten (rot und blau eingefärbt). PETRA IV könnte diese Flüssigkeitszustände erstmals unterscheiden.

Umwelt verstehen

Wasser: Schlüsselelement für Leben und Technik

In der Erd- und Umweltforschung untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die grundlegenden Funktionen des Systems Erde und die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur. Damit schaffen sie eine Wissensbasis, um die Grundlagen des Lebens langfristig zu sichern. Das 3D-Röntgenmikroskop PETRA IV wird den Blick für wesentliche Aspekte unserer Umwelt beträchtlich schärfen. Die Anlage wird es Forschenden erlauben, Materie unter extremen Bedingungen und an Grenzflächen zu studieren und insbesondere die einzigartigen Eigenschaften von Wasser zu entschlüsseln.

 

»Wasser ist noch nicht im Detail verstanden. Durch die revolutionären Fähigkeiten von PETRA IV kann Wasser mit beispielloser Auflösung untersucht werden, um biologische und chemische Prozesse zu verstehen.«

 

Wasserforschung für Mensch,  Technik und Umwelt

Wasserforschung schafft die Basis für neue Erkenntnisse und Innovationen – in der Gesundheitsforschung, für neue Energieformen und für ein nachhaltiges Ressourcenmanagement. Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Ohne Wasser funktionieren biologische Prozesse nicht. In den Zellen lebender Organismen arbeiten die Proteine unermüdlich in einer Umgebung aus Wasser. In Meeren, Flüssen und Gletschern formt Wasser unseren Planeten und sein Klima – und Wasser ist essenziell für heutige und zukünftige Technologien.  

Dennoch sind viele außergewöhnliche Eigenschaften dieses einzigartigen Stoffes im Detail noch unverstanden. Um sie zu ergründen, müssen Forschende das komplexe Zusammenspiel der Wassermoleküle entschlüsseln. Der technische Fortschritt von PETRA IV ermöglicht Analysen der Struktur und Dynamik von Wasser im notwendigen Detail. Daraus können wesentliche Erkenntnisse für Natur- und Lebenswissenschaften, Technik und Gesundheit abgeleitet werden.  

Medizinerinnen und Mediziner beobachten zum Beispiel bei Krankheiten wie Alzheimer störende Proteinplaques im menschlichen  Gehirn: Proteine, die sich in ihrer wässrigen Lösung in der Zelle zusammengeballt haben und nicht mehr auflösen. Um diesen Vorgang gezielt beeinflussen zu können, müssen Forschende das Zusammenspiel der Wassermoleküle und der Proteine besser verstehen. An PETRA IV können sie die individuellen Bewegungen der nur wenige Nanometer großen Proteine in der Zelle zukünftig live verfolgen. Dabei lässt sich das Röntgenlicht von PETRA IV so präzise dosieren, dass biologische Proben während der Messung keine Strahlenschäden erleiden. 

Wasser steckt auch in einer Vielzahl technologischer Innovationen. So birgt Wasserstoff als Energieträger großes Potenzial und kann im Prinzip mithilfe eines geeigneten Katalysators direkt aus Wasser und Sonnenlicht gewonnen werden. Diese photokatalytische Wasserspaltung ist jedoch bisher großtechnisch nicht realisierbar. Mit PETRA IV kann die Wasserspaltung direkt in der Nähe eines Katalysatorpartikels auf der Nanoskala verfolgt werden. Durch das Verständnis der dabei ablaufenden Prozesse können maßgeschneiderte Katalysatoren  entwickelt werden.

Wasser interdisziplinär erforschen

Um die Arbeit von Forschungsgruppen aus ganz Europa in der Wasserforschung zu bündeln, entsteht in der geplanten Hamburger Wissenschaftsstadt Science City Bahrenfeld das  Zentrum für Molekulare Wasserforschung  (Centre for Molecular Water Science, CMWS).

Forschende von European XFEL, der Universität Hamburg und DESY sowie weitere Partner werden dort gemeinsam arbeiten. Ihr Ziel: die Struktur von Wasser zu enträtseln, um künstliche Photosynthese, die Dichteanomalie von Wasser oder die Biochemie von in Wasser gelösten Proteinen zu verstehen. Das Zentrum wird den Austausch mit benachbarten Disziplinen wie der Chemie und Biochemie, den Geowissenschaften, der Astrophysik oder der Nanotechnologie fördern und vereinfachen. Auch wird das CMWS Nutzerinnen und Nutzer bei der komplexen Vorbereitung ihrer Experimente unterstützen.

Kohärentes Licht für Messungen auf multiplen Zeit- und Längenskalen
  • PETRA IV wird die Dynamik von komplexen Molekülnetzwerken wie wässrigen Lösungen bis auf die Nanosekunde genau verfolgen, hundert bis zehntausende Male schneller als heutige Anlagen – bei maximaler räumlicher Auflösung.
  • Dies ermöglicht grundlegend neue Erkenntnisse dazu, wie das makroskopische Verhalten komplexer Systeme durch ihre molekularen Eigenschaften bestimmt wird. Davon profitieren Forschung und Technik.
  • PETRA IV und der Röntgenlaser European XFEL ergänzen sich ideal. Zusammen erschließen sie Zeitskalen vom Femtosekundenbereich bis zu Sekunden, Minuten oder Stunden.